Bodfeldlauf 2018

August 25, 2018

Meine erster Wettkampf

Mein erster größerer Wettkampf, zumindest was die Distanz angeht. Mein Gott was war ich nervös und hatte einen riesigen Respekt vor der Halbmarathondistanz und dem Gelände. Ich war vorher im Training schon Distanzen von knapp über 20km gelaufen, aber nie in einem Wettkampf – einem richtigen echten Rennen…

Gemeinsam mit meiner Frau und meiner Tochter fuhren wir am Morgen mit dem Auto zum Start nach Königshütte. Mit der Zeit entwickelt man als Läufer gewisse Routinen oder besser gesagt Rituale, die man vor einem Wettkampf einhält. Je nach Charakter des Laufenden mehr oder weniger streng wiederholt man, nur um auf Nummer sicher zu gehen, die gewohnten und bewährten Abläufe. Vor dem Bodfeldlauf hatte ich noch keine Rituale und war entsprechend aufgeregt und innerlich orientierungslos. Wie viel Trinken ist zu viel und wie viel ist zu wenig? Was isst man denn noch und wie verhält man sich im Startgebiet… und wie läuft das überhaupt mit der Startnummer?

Vor dem Start

Wir parken am Straßenrand und gingen die letzten hundert Meter zu Fuß zum Startgebiet. Der Bodfeldlauf ist ein kleiner Trail-Wettkampf mit sehr familiären Charme. Ein kleiner Volkslauf wie er im Buche steht: Der Stand mit selbstgebackenem Kuchen, Bratwurst vom örtlichen Sportverein und Kinderbetreuung durch die Sparkasse. Die Startunterlagen gab es im kleinen Vereinsheim im klassisch braunen Umschlag. „Sicherheitsnadeln nicht vergessen“ winkte mich die nette Dame an der Ausgabe zurück – ich bin mir sicher, man sah mir meine Unsicherheit an…

Penibel sorgte ich für den akkuraten Sitz der Startnummer auf meinem T-Shirt, wobei ich versuchte die kleine Stimme zu ignorieren, die mich dafür schallte, das teure Shirt zu durchlöchern. Geht das nur mir so?

Die letzten Minuten vor dem Startschuss erhielt ich Ablenkung von Basti und Marc, unsere besten Freunde, die ebenfalls nach Königshüte aufgebrochen waren um mich anzufeuern und nebenbei mit meiner Frau und Tochter ein paar Schritte zu wandern. Sie wollten einen Stempel der Harzer Wandernadel einsammeln und nebenbei an zwei Punkten auf der Strecke Posten beziehen.

Langsam sammelten sich die Läufer, ganz unprätentiös auf der Straße vor dem Vereinsheim unter einem kleinen Startbogen.

Der Lauf

Mit einem leisen knall wurde die Strecke freigegeben und wir machten uns auf den Weg die Asphaltstraße hinunter. Ich lief in einer Traube, die ständige Ermahnung meines Vaters im Ohr „lauf nicht zu schnell“ und versuchte die Läufer um mich herum einzuschätzen. Natürlich sahen um mich herum allesamt nach gestandenen Trailrunnern aus. Ich erinnere mich noch an eine ältere Dame im Laufshirt eines 100km Ultramarathons. So bewegte ich mich die ersten 3 bis 5 Kilometer in dieser Traube, bis ich langsam begann einen nach dem anderen einzusammeln. Die Wege wurden nun auch schmaler und die ersten Höhenmeter musste bewältigt werden. Ich lief auch die Anstiege – GEHEN käme mir zu diesem Zeitpunkt nicht in den Sinn und war mit dem Laufsport unvereinbar.

Guter Dinge, noch nicht ermüdet erwartete mich vor einem harten, aber kurzen Anstieg über eine Hügelkuppe eine kleine Fankurve. Meine Frau, Tochter und Freunde standen mit anderen Wanderern am Rand und jubelten uns Mut zu, bevor wir uns hinaufkämpfen mussten. Das markante „Papapapapapapa“ höre ich seither bei zahlreichen Läufen.

In meinem Rhythmus trabte ich über die Trails, bis sich das Gelände wieder weitete und die Strecke uns Läufer über eher freie Wiesen schickte.

Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit bereits verstrichen war, eine Laufuhr gehörte damals noch nicht zu meiner Rennausstattung. Überhaupt, ich lief in meinem Trainigsshirt aus dem Fitnessstudio und den Lauf zeichnete ich mit dem Handy in der Hosentasche meiner Gymshorts auf.

Die Landschaft zeigte sich immer weiter und ich passierte ungefähr bei Kilometer 10 oder 12 eine Versorgungsstation mit Verpflegung, direkt hinter einer Straßenüberquerung vor einem kleinen Anstieg. Ich griff zu einer Banane – ein guter Halbmarathon war in meinem Kopf eine erhebliche Distanz, bei der Nahrungsaufnahme während des Wettkampfes bestimmt dazugehören musste. Schließlich wurde es ja auch vom Veranstalter angeboten. Zumindest griff ich zu und verdrückte im leichten Trab ein gutes Stück Banane, die sich sofort in meinem Magen begann zu einem schweren Klumpen zu verdicken. Diesen Fehler hat wohl jeder Läufer schon einmal gemacht. Mindestens.

Wir kamen dann an ein offenes Feld und ich traute mich einen anderen Läufer nach dem aktuellen Kilometerstand zu fragen und in welchem Tempo wir unterwegs sind. Die Angaben kamen Prompt mit der glühenden Empfehlung für eine Uhr der Marke Suunto. Hatte ich bis dato nie gehört, aber abgespeichert. Unser kurzer Dialog wurde an dieser Stelle unterbrochen, denn auf dem weiten Feld fehlte die Streckenmarkierung und wir hielten uns an einen anderen Läufer. Er führte uns einen kleinen Wall hinauf und dann um eine Kurve auf den Damm eines kleinen Staudamms. Hier waren schließlich auch wieder kleine Schilder zu sehen und im stillen Einvernehmen formte sich eine kleine Wettkampfgruppe und wir legten die nächsten Kilometer gemeinsam zurück. Auf einem schmalen Trail durch den Wald reihten wir uns hintereinander ein und liefen auf eine kleine Gruppe vor uns auf. Da an Überholen nicht zu denken war, vergrößerten wir uns unfreiwillig und waren nun zu sechst.

Ungefähr bei Kilometer 18 oder 19 kam die letzte Versorgungsstation mit Wasser an einer Straße, die ich zuvor schon mit dem Auto passiert hatte. Von hier aus konnten es nur wenige hundert Meter bis ins Ziel sein und ich schlug das H2O aus. Nächster Fehler. Trinke IMMER, wenn es etwas gibt – auch wenn es nur ein kleiner Schluck ist. Ich dachte, das Ziel so kurz vor Augen, mir diese 10 Sekunden zu sparen und war entsprechend irritiert, als der Streckenverlauf der Straße und somit auch dem Ziel den Rücken kehrte und auf einen Pfad einen weiteren Berg hinauf einbog.

Zieleinlauf

Unsere Gruppe zog sich auseinander und ich wollte die hart erkämpften 10 Sekunden, die die anderen für das Trinken „geopfert“ hatten unbedingt beibehalten. Das Ego halt. Der Suunto-Läufer war noch bei mir, als wir uns einen weiteren Hügel emporkämpften. Er teilte mir mit, dass es nun nicht mehr weit sei und er noch ein wenig Tempo machen wollte. Bergan. Ich konnte nicht anders als abreißen zu lassen. Oben kamen wir an einem Feld vorbei und meine Kraft ließ nun spürbar nach. Wenig elegant ballerte ich stampfend bergab über eine Asphaltstraße zurück in den Ort. Ich erinnere mich noch an ein paar Einwohner, die das Rennen aus ihren Vorgärten heraus beobachteten und einen bellenden Hund, dann kam auch schon die Abbiegung auf die Zielgerade. An meinem geparkten Auto vorbei über eine Wiese durch das Tor und dann war es geschafft. Ebenso unzeremoniell wie der Start an einem kleinen Bogen.

Ich glaube man sieht mir die Erschöpfung an, als ich die Ziellinie überquerte und prompt in der Menge an Zielläufern, Betreuern und Gästen stand. Ich wollte nur etwas trinken und weitergehen, bloß nicht einfach stehenbleiben. So endete mein erster echter Wettkampf. Ein waschechter Trail-Halbmarathon in weniger als zwei Stunden aber deutlich über meinem Leistungsvermögen. Wettkampf eben.

Jens J. Hofmann

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